Rund 40 Zahnarztpraxen im gesamten Land Sachsen-Anhalt haben sich aktuell bereiterklärt, die zweiwöchigen Famulaturen zu unterstützen. Diese können Studierende nach dem achten und zwischen dem neunten und dem zehnten Semester erstmals nach dem Sommersemester 2019 in der vorlesungsfreien Zeit absolvieren. Können deshalb, weil die Famulatur eine freiwillige Sache ist.
„Wir folgen damit einem internationalen Trend, die zahnmedizinische Ausbildung in enger Verzahnung von Wissenschaft und Praxis aufzubauen “, so Prof. Dr. Hans-Günter Schaller, Direktor des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsmedizin Halle (Saale). Die Praxen tragen dazu bei, dass die Studierenden erste Einblicke in den Praxisalltag erhalten. „Dazu gehören berufsspezifische Schwerpunkten wie zahnmedizinische Diagnostik und Therapieentscheidung, Abläufe parodontaler, konservierender, prothetischer und oralchirurgischer Maßnahmen.“ Prophylaxe und Nachsorge, auch Hygiene- und Patientenmanagement sowie die Praxisabläufe sind ebenfalls Teil des Famulatur-Programms. „Ein Vorteil ist ebenso, dass die Studierenden Einblicke in betriebswirtschaftliche und organisatorische Aspekte wie Mitarbeiterführung oder Abrechnungsmodalitäten erhalten, die im Studium weniger behandelt werden“, sagt Schaller.
„Ich freue mich über die positive Resonanz bei den Zahnärzten, mit denen nun Gespräche geführt und Verträge geschlossen werden, um die Kriterien der Medizinischen Fakultät zu erfüllen, die an die Famulatur geknüpft sind“, sagt Dr. Carsten Hünecke, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt. Die Zahnärztekammer habe sich in diesem Zusammenhang darum gekümmert, dass die Studierenden während der Famulatur haftpflichtversichert seien, so Hünecke weiter.
Für die Praxen im Land sehe er große Vorteile, trotz des zusätzlichen Aufwands, den die Famulatur-Betreuung mit sich bringe. „Angesichts der demografischen Entwicklung brauchen viele Kolleginnen und Kollegen in absehbarer Zukunft Praxisnachfolger oder Assistenten. Die Studierenden können auf diese Weise Sachsen-Anhalt als einen möglichen Standort für ihre berufliche Zukunft besser kennenlernen“, so Hünecke. Des Weiteren sei es etwas Besonderes und sozusagen ein „Qualitätssiegel“, zu den Kooperationspraxen der Universitätsmedizin Halle (Saale) und der MLU zu gehören.
Hünecke und Schaller sind sich zudem einig, dass mit der Vereinbarung der vielzitierten Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis Rechnung getragen und diese mit Inhalt gefüllt werde.
„Wir haben seit vielen Jahren eine Vielzahl von Akademischen Lehrkrankenhäusern in der Region verpflichtet, die uns in der praktischen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten zur Seite stehen. Es ist sehr erfreulich und ein positives Signal, dass das Ausbildungsangebot und die Unterstützung für unsere Zahnmedizinstudierenden nun ebenfalls breitgefächerter werden“, sagt der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Michael Gekle. Natürlich bleibe es auch weiterhin ein wichtiges Ziel, wissenschaftlich arbeitende Zahnmedizinerinnen und -mediziner an der Universitätsmedizin Halle (Saale) zu halten, doch ebenso wichtig sei es, den Absolventinnen und Absolventen auch den Berufsalltag in einer niedergelassenen Praxis aufzuzeigen.
Hinzu komme, dass nun sowohl die Niedergelassenen und die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt als auch die Universitätsmedizin Halle (Saale) Erfahrungen im Zusammenhang mit Famulaturen für Zahnmedizin-Studierende sammeln und diese dann einfließen lassen können, wenn eine Famulatur als Pflichtbestandteil in die Approbationsordnung aufgenommen werden sollte. Das sei im Zuge der Überarbeitung der Ordnung nach aktuellem Stand sehr wahrscheinlich, so Schaller, Gekle und Hünecke.
Foto: Fotostelle, Universitätsmedizin Halle (Saale) – vlnr. Prof. Dr. Hans-Günter Schaller, Prof. Dr. Michael Gekle, Dr. Carsten Hünecke